Analoge Fotografie mit der Lochkamera – Ausstellung in der Dänischen Zentralbibliothek in Flensburg

Millionen von Bilder jeden Tag, wir schalten auf Durchzug und Ignoranz, Bilder plätschern dahin wie seichte Musik im Radio. Ich habe mich entschieden manchen Bildern für mich mehr Gewicht zu geben. Bilder einfach einmal nicht digital zu fotografieren, sondern mit etwas was einem Schuhkarton oder einer Keksdose sehr nahe ist. Manche Bilder entstehen sogar mit einer Kaffeedose. Es gibt keine Linsen, keinen Sucher sondern nur dieses kleine Loch in der Frontseite der Kamera, das meistens mit einem Klebeband verschlossen wird.

Ein wenig mehr zur Technik gibt es hier
http://nordisch-fotografie.de/faszination-lochbildkamera/



„Auf der Grenze“


Dieser Titel sagt viel – über mich, über meine Bilder und ihre Machart.
Alle Bilder dieser Ausstellung sind mit einer Lochkamera entstanden. Eine Kamera dieser Art ist
das einfachste optische Gerät, mit dem sich ein Bild aufnehmen lässt. Es benötigt keine
komplizierte Technik und hat weder einen Sucher noch ein Objektiv.

Ein lichtdichtes Gehäuse mit einem Loch und ein Stück Fotopapier genügen, um die zarten, leicht
unscharfen Bilder zu fotografieren. Bilder die am Ende immer ein wenig unwirklich scheinen – wie auf der Grenze zur Traumwelt.

Viele dieser Kameras werden selbst gebaut, so sind einige Bilder dieser Ausstellung sogar mit
umgebauten Kaffeedosen entstanden. Die Bilder haben einen besonders großen Bildwinkel und
müssen außergewöhnlich lange belichtet werden. Jede Aufnahme entsteht auf der Grenze des
technisch Möglichen. Weniger geht nicht in der Fotografie.

Jedes Bild, das ich mache, entsteht bewusst. Ich sehe und fühle die Dinge und füge sie zusammen.
Das Fotografieren mit der Lochkamera gibt mir die Zeit und Möglichkeit zu prüfen, ob sich alles richtig
anfühlt und zu einem harmonischen Ganzen wird. Meist reicht ein einziges Bild aus, um das
Besondere einzufangen. Manchmal entstehen auch zwei oder drei Varianten, um dem Moment gerecht
zu werden. Nur wenig an den Bildern lässt die Zeit erkennen, in der sie gemacht sind. Viele könnten
genauso aus der Anfangszeit der Fotografie stammen. Dabei hat jedes Bild für mich immer seine
eigene Geschichte und Bedeutung.

„Auf der Grenze“ zeigt Bilder, die am Meer auf beiden Seiten der Flensburger Förde fotografiert
wurden. Auf der Grenze zwischen zwei Ländern, genauso wie auf der Grenze zwischen Land und
Wasser. Als Motiv die Menschen, Brücken, Steine oder Bäume. Emotional und unverfälscht zeigen
sie sowohl die Weite der Landschaft, als auch die Menschen in ihnen; Menschen, deren Gefühle
und Gedanken greifbar werden in den fast surreal erscheinenden Bildern.

Für mich persönlich gehören die Menschen, die hier leben in der einen oder anderen Form
zusammen, verbunden durch den Fjord. Hier ist meine Heimat und meine Sehnsucht. Die
Grenzregion ist für mich der Ort, der in mir ein Gleichgewicht erzeugt und dem ich diese Bilder
verdanke. Es heißt, hier oben im Norden brauche man nur den Finger in die Wellen einzutauchen
und sei mit der ganzen Welt verbunden. Es bedarf also keiner weiten Reisen, um Faszinierendes
zu finden.

Ich fotografiere bewusst Menschen von Nebenan, um die Menschlichkeit und die Schönheit
zeigen zu können, die nur der Natürlichkeit und Echtheit innewohnt. Ob die manchmal zu
erkennende pure Nacktheit grenzwertig, auf der Grenze oder sogar grenzüberschreitend ist, sei
dem Betrachter überlassen.


Jörg Oestreich im August 2024
mail@joergoestreich.com

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